Ich befinde mich gerade im christologischen Teil der Prolegomena (also: noch in der Vorrede, die allerdings ca. 1000 Seiten füllt und in sich bereits so ziemlich alle Themen der Dogmatik, u.a. die Christologie bespricht). Typisch für Barth ist hier der Gedanke, dass die Erkenntnis Jesu von Nazareth als Sohn Gottes keine irgendwie menschlich geartete Reflexion auf dessen besondere Persönlichkeit ist („War doch eigentlich ein dufte Typ, oder? Kann man sich einen dufteren vorstellen? Ich glaube nicht! Dann war er wohl Gott, oder so.“), sondern als ein Offenbarungsfaktum jedem theologischen Denken stets vorangeht („Das ist ja wahrhaftig Gottes Sohn! – Äh, was heißt das denn jetzt?“).
Interessant fand ich die Tatsache, dass mir außerhalb von Barth Christologie bisher häufig eine Art „Verweis-Christologie“ begegnet ist: Christus ist gerade darin Sohn Gottes, dass er eben immer auf den Vater verweist und für sich selbst nichts beansprucht. Bei Barth ist mir jetzt klar geworden, dass das unbedingt ergänzt gehört um den Selbstverweis Christi (beides spielt ja im Johannesevangelium etwa eine Rolle). Denn: Auf Gott verweisen, das tut auch im AT (und NT) jeder vernünftige Prophet! Christus ist aber mehr, nämlich Gott selbst als Mensch. Und erst dann wird es ja spannend, wenn Christus ständig von sich wegweist! Erst dann hat das plötzlich sehr interessante Konsequenzen: Was heißt es für Gottes Wesen, dass er ständig von sich wegweist? Und für unser Selbstverständnis?
27. November 2009 at 12:27
Den Gedanken finde ich schon sehr reizvoll – allerdings verweist Christus ja nicht einfach von sich weg, sondern im Grunde wieder auf sich selbst zurück, bzw. auf seine Identität mit dem Vater. Denn der Sohn verweist ja – gerade im JohEv – nicht etwa auf einen leeren Himmel, sondern auf den Ort der Präsenz des Vaters, von dem er kommt und zu dem er wieder hingeht (Ab- und Aufstiegsfigur).
Von sich wegweisen würde Gott nur dann, wenn man den joh Christus mit Käsemann als „auf Erden wandelnden Gott“ vorstellt, also einen vom Himmel gestiegenen Gott annimmt (so dass der Himmel dann in der Tat leer wäre…).
Das Wegweisen würde ich eher so verstehen, dass es schlechterdings nicht möglich ist, bei Christus selbst zu verharren, wenn Gott, bzw. der Vater in ihm nicht immer schon mitgemeint und mitgedacht ist.
Dies sei mal auf die schnelle eingeworfen. Brauchte mal Abwechslung vom Lernen (schriftl. Examen nächste Woche!!!)
27. November 2009 at 13:12
Ja, genau so war das eigentlich auch gemeint: Gottes Identität konstituiert sich offenbar in einem ständigen innertrinitarischen Verweis. (Dass Christus auch auf sich verweist ist ja eben die Ergänzung, die ich per Barth angemerkt habe.)
Bedeutung für uns: Relationale Anthropologie etc.
27. November 2009 at 15:40
Ah okay, dann bin ich ganz bei dir!
„Ständiger innertrinitarischer Verweis“ – starke Formel. Muss ich weiter drüber nachdenken.
Ich finde Deine Seite übrigens klasse!